Offenbach,

Pressebericht aus der Offenbach Post zur Katastrophenschutzübung

Katastrophenschutzübung - Hilfe sogar aus der Luft

Offenbach - In Portugal wüten seit Tagen heftige Waldbrände. Kalifornien bleibt nicht von Feuersbrünsten verschont. Von Harald H. Richter

Allerdings können extreme Trockenheit, unsachgemäßer Umgang mit offenem Feuer, technische Defekte oder eine Verkettung unglücklicher Umstände auch hierzulande folgenschwere Flächenbrände verursachen. Eine groß angelegte Katastrophenschutzübung am Samstag im Stadtwald zeigte auf, wie die Einsatzkräfte reagieren.

Um 11 Uhr geht bei der Leitstelle an der Rhönstraße ein Notruf ein: In einem Revier südlich des Stadtteils Tempelsee nahe der A3 ist bei Waldarbeiten eine Holzrückemaschine in Brand geraten. Seit längerem ist der Boden knochentrocken, es besteht Waldbrandwarnstufe 5. Daher breitet sich das gemeldete Feuer bei mäßigem Südwestwind rasch aus.

Doch es bleibt nicht bei diesem einen Schadensereignis: Während erste Löschfahrzeuge ausrücken, wird bekannt, dass eine Jugendgruppe, die sich auf einem Ausflug befindet, in eine bedrohliche Lage geraten ist. Ihr Versuch, mit dem Kleintransporter der Gefahr zu entfliehen, hat sie mitten in ein verrauchtes Waldstück geführt. Die jungen Leute verunglücken bei schlechter Sicht und prallen mit dem Fahrzeug gegen einen quer liegenden Baum.

Fast zur selben Zeit verständigen ein paar aufgeregte Spaziergänger über Notruf 112 die Leitstelle davon, dass sie sich im Wald verirrt haben, als sie starker Rauchbildung ausweichen wollten. „Wir wissen nicht genau, wo wir sind, und zwei von uns hat es erwischt“, meldet einer der Wanderer übers Mobiltelefon. „Mein Bekannter hat sich wohl den Fuß gebrochen, ein anderer einen Asthmaanfall erlitten.“ Per Handyortung lässt sich der Standort der Leute ermitteln. Unterstützt von der Rettungshundestaffel des ASB Mittelhessen dringen Helfer zu den Verirrten vor.

Die Einsatzleitung hat sich unterdessen ein Lagebild verschafft und vermag das Ausmaß der Katastrophe genauer einzuschätzen. Die bisher ausgerückten Löschzüge der Berufsfeuerwehr Offenbach reichen nicht aus, befürchtet man, so dass unterstützend die freiwilligen Wehren aus Bieber, Waldheim und Rumpenheim alarmiert werden. Wenige Minuten später treffen diese im Bereitstellungsraum am Nassen Dreieck ein und erhalten Direktiven.

Dorthin sind auch Löschkräfte der Feuerwehren Heusenstamm, Mühlheim, Obertshausen und Neu-Isenburg beordert worden. Technisches Hilfswerk, DRK und Johanniter sind gleichfalls zur Stelle. Sämtliche Rettungsdienste erhalten Order, zu den Ereignisorten auszurücken.

Unterdessen frisst sich das Feuer in Windeseile durchs trockene Gehölz. Einzig vom Boden dürften die Flammen kaum einzudämmen sein. Leitender Branddirektor Uwe Sauer entscheidet daher: „Wir fordern Hilfe aus der Luft an.“ Worauf die Polizeihubschrauberstaffel vom Flugplatz Egelsbach Richtung Offenbach abhebt und ins Geschehen eingreift. Bestückt mit einem Außenlastbehälter, zieht die Helikopterbesatzung bei jedem Anflug aus dem Angelweiher des Angelsportvereins Obertshausen unweit von Heusenstamm 768 Liter Löschwasser, um es punktgenau über dem Zielgebiet abzulassen. Immer wieder ertönt über den Baumwipfeln das Geräusch der Rotorblätter – der Polizeihubschrauber fliegt im Dauereinsatz. An diesem Tag sitzen nicht nur erfahrene Piloten im Cockpit am Steuerknüppel, sondern wechselweise auch Flugschüler, für die der angenommene Katastrophenfall eine besondere Herausforderung darstellt.

„Was ist, wenn ein realer Ernstfall eintritt?“, will ein Beobachter wissen. „Trotz dieses erheblichen Aufwands an Personal und technischem Gerät für unsere Übung bleibt die Einsatzfähigkeit aller Organisationen im tatsächlichen Betrieb gewährleistet“, zerstreut Manuel Hoppert von der Berufsfeuerwehr Offenbach eventuelle Bedenken.

Das mehr als einen Quadratkilometer große Waldgelände ist zwar während der Übung für die Öffentlichkeit gesperrt. Trotzdem gibt es etliche Zuschauer: Stadtverordnete sowie Vertreter von Stadtverwaltung, Bundeswehr, Polizei, Forstwesen und Naturschutz, sämtlich in kleidsamen orangen Warnwesten, während die Pressevertreter in neongelben Leibchen stecken. Die Zaungäste werden von Schauplatz zu Schauplatz chauffiert und dürfen die Lösch- und Rettungseinsätze aus der ersten Reihe verfolgen – Gänsehautgefühl inklusive.

Plötzlich gellen Hilfeschreie durch den Wald, und Explosionsgeräusche sorgen für Erschrecken. Abseits des festgefahrenen Kleintransporters erblicken Augenzeugen scheinbar orientierungslos durch das Unterholz stolpernde Gestalten.

Mitglieder der Notfalldarstellung Offenbach mimen die verunglückten Jugendlichen. Einige von ihnen simulieren Schockzustände, andere spielen unter Verwendung von Kunstblut und Theaterschminke sehr überzeugend Unfallverletzte. Feuerwehrmänner kümmern sich um die Erstversorgung der Jugendlichen, sprechen beruhigend auf sie ein, ehe das Rote Kreuz auf der Bildfläche erscheint und sie verarztet.

Matthias Frank und seine Pyrotechnik-Truppe aus Bensheim sorgen während des gleichen Szenarios mit reichlich Disco-Nebel für massive Rauchentwicklung, liefern Knalleffekte ab und lassen vermeintliche Gefahrgutbehälter wirklichkeitsnah explodieren.

Es ist 13.35 Uhr, als die Einsatzleitung über Funk schließlich die Waldbrandübung offiziell für beendet erklärt und die zuvor verfügten Sperrungen wieder aufhebt.

Das Zusammenwirken von örtlichen Katastrophenschutzeinheiten und Kollegen aus den Nachbarkommunen hat geklappt. Die Wasserförderung über lange Wege im Großen und Ganzen auch. So dass nicht nur die Feuerwehr-Sachgebietsleiter Thomas Kutschker und Heike Speer-Klein, die den Einsatzplan ausgearbeitet hatten, zufrieden sein können. Auch Offenbachs Branddirektor Uwe Sauer zieht ein positives Fazit dieser organisationsübergreifenden Vollübung. Und im Stadtwald kehrt wieder Ruhe ein.


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