Von Juliane Mroz
Am Mainufer in Bürgel sind am Samstag rund 100 Helfer im Einsatz, um den Hochwasserschutz zu üben. Mit einer Menschenkette werden Sandsäcke herbeigeschafft, die am Fuß des Deichs platziert werden.
Was passiert, wenn bei Hochwasser der Deich nachgibt? Rund 100 Helferinnen und Helfer probten am Samstag am Bürgeler Mainufer den Ernstfall. Mitarbeiter des Stadtdienstleisters ESO, der Feuerwehren und des Technischen Hilfswerks bildeten eine Kette, um rund 1000 Sandsäcke vom Lastwagen zum Fuß des Deichs zu transportieren.
Dort wurde eine sogenannte Quellkade gebaut, ein ringförmiger Deich. Er dient dazu, Wasser zurückzuhalten, das unter dem Deich durchfließt und auf der Landseite quellenartig austritt. „Wenn das Wasser auf der Landseite nicht mehr ansteigt, haben wir eine stabile Situation“, sagt Wolfgang Zwach vom Dezernat Staatlicher Wasserbau im Regierungspräsidium Darmstadt. Er und seine Kollegen sowie Mitarbeiter der kommunalen Wasserwehr und des Wasser- und Schifffahrtsamts beteiligten sich ebenfalls an der Übung. Für Verpflegung sorgte der Arbeiter-Samariter-Bund.
„Für alles, was früher Großherzogtum war, also für die Südseite des Mains und den Rhein bis vor Wiesbaden, ist in Sachen Hochwasserschutz das Regierungspräsidium Darmstadt zuständig“, sagt Regierungspräsident Johannes Baron (FDP). Das Land bezuschusst dort die für den Hochwasserschutz technisch notwendigen Bauten. Anders auf der nördlichen Mainseite – dort müssen sich die Kommunen allein um den Hochwasserschutz kümmern. Seit den 1970er Jahren gibt es das sogenannte Deichertüchtigungsprogramm; 200 Millionen Euro investierte das Land Hessen seitdem in Deiche, Spundwände und Pumpwerke, 50 Millionen Euro sollen bis 2016 noch dazukommen, so Baron. Für Offenbach steht in den kommenden Jahren die Sanierung des Maindeichs in Höhe der Innenstadt und in Rumpenheim an.
Offenbachs schon bestehende Spundwände haben ihren ersten Einsatz Anfang 2011 gut überstanden. „Das war ein sogenanntes zwölfjährliches Hochwasser – imposant, aber nicht gefährlich“ sagt Thomas Kutschker von der Berufsfeuerwehr Offenbach. Ein Hochwasser mit diesem Pegelstand – 4,50 Meter – kann statistisch gesehen alle zwölf Jahre wiederkehren. In solchen Fällen werden die Deichtore geschlossen, und die Wasserwehr kontrolliert täglich, ob der Deich hält.
„Wir beobachten und dokumentieren den Pegel, um gewappnet zu sein, falls das Wasser ansteigt“, sagt Kutschker. Hochwasser kündigt sich lange vorher an – wenn Würzburg eine Scheitelwelle meldet, hat Offenbach noch 58 Stunden, um sich auf den Höchststand vorzubereiten. Genug, um beispielsweise bei Bedarf Sandsäcke zu füllen. Sandsackfüllmaschinen gibt es in jedem hessischen Landkreis, auch in denen, die nicht an einem großen Fluss liegen. Im Notfall werden sie an die betroffenen Kreise ausgeliehen.
Dass auch Bürger mit anpacken, diese Erfahrung machte Kutschker 2002 bei der Elbeflut. „Die Leute haben uns unaufgefordert unterstützt oder auch Verpflegung vorbeigebracht. Ich denke, das würde hier auch so laufen. Wir sind zwar nicht auf Hilfe aus der Bevölkerung angewiesen, würden aber auch niemanden wegschicken.“